Die klassische Lebens- und Rentenversicherung war bis vor wenigen Jahren fester Bestandteil der privaten Altersvorsorge vieler Deutscher. Über viele Jahre wurde monatlich gespart; am Ende kam zum Ablauf des Vertrages eine stolze Summe zusammen, die entweder als Rente oder als Einmalzahlung ausgezahlt wurde, um den Ruhestand zu versüssen. Das ist Vergangenheit - die durchschnittliche Gesamtverzinsung seit mit Jahren im Sinkflug. Welche Gründe es dafür gibt, erfahrt Ihr in diesem Beitrag.
Wie funktioniert eigentlich eine "klassische" Lebensversicherung ?
Viele Kunden, die eine Lebensversicherung oder private Rentenversicherung abgeschlossen haben, wissen dass nur ein Teil des Beitrags, der monatlich von ihrem Konto abgebucht wird, zum Ansparen von Kapital verwendet wird. Hierbei handelt es sich um den sogenannten Sparanteil, der je nach Versicherungsgesellschaft zwischen 60 - und 75 Prozent des Bruttobeitrags beträgt.
Die "fehlenden" 25 - 40 Prozent teilen sich auf die Risikoprämie (für den Fall des vorzeitigen Todes des Kunden) und den Kostenanteil auf.
Je nachdem, wie hoch die jeweilige Kostenquote beim Versicherer ist, ist es also möglich, dass der Kostenanteil am Gesamtbeitrag zwischen 15 und
deutlich über 30 Prozent beträgt.
Zu niedrige, fallende Verzinsung
Seit Jahren fällt der Garantiezinsung - auf aktuell nur noch 0,25 Prozent. Der Garantiezins ist ein teil der Gesamtverzinsung klassischer Lebens- und Rentenversicherung. Die Mindestverzinsung steht zu Vertragsbeginn fest und wird bis Vertragende gewährt. Diese Mindestverzinsung bezieht sich allerdings nur auf den Sparanteil - der Teil des monatlichen Beitrags der nach Abzug der Kosten übrig bleibt.
Viele Kunden wurden - jedenfalls bis 2015 - nur unzureichend über die fallende Verzinsung auf den Sparbeitrag aufgeklärt.
niedrige Überschussbeteiligung
Die Gesamtrendite einer Lebens- bzw. Rentenversicherung setzt sich aus mehreren teilen zusammen: Neben dem Garantiezins gibt es noch laufende Überschüsse und den Schlussüberschuss. Überschüsse entstehen beispielsweise, wenn:
- der Versicherer mit der Kapitalanlage höhere Gewinne erwirtschaften, als für den Garantiezins notwendig (Zinsüberschuss)
- der Versicherer sparsam wirtschaftet und geringere Verwaltungskosten anfallen, als kalkuliert (Kostenüberschuss)
- die Sterblichkeit aus Sicht des Versichertenkollektivs sich günstiger entwickelt, als bei Vertragsabschluss kalkuliert (Risikoüberschuss)
Klassische Policen machen keinen Sinn mehr
Damit ist eigentlich auch schon klar, was dies für die Sinnhaftigkeit von klassischen Policen bedeutet: Niedrige Garantiezusagen, geringe oder keine Überschussbeteiligungen führen dazu, das man aktuell den Abschluss eines solchen Vertrages nicht empfehlen kann; wenn es schlecht läuft, hat man sogar weniger Geld im Vertrag als man eingezahlt hat; insbesondere bei kurzen Laufzeiten.
Aufgrund der Niedrigzinsphase sind auch die Überschussbeteiligungen gering; also der Wert, der am Ende dafür sorgte, die Rendite eines solchen Vertrages nochmal deutlich zu erhöhen.
Folge der Unattraktivität: Verkauf von Lebensversicherungsverträgen an "Run Off"-Gesellschaften
In den letzten Jahren häuft es sich, dass Versicherer ihre Alt-Bestände an Lebensversicherungsverträgen an sogenannte "Run Off"-Gesellschaften verkaufen, da es für die Versicherer schwierig ist, die versprochenen Leistungszusagen zu erfüllen. Eine "Run Off"-Gesellschaft kauft Bestände von Lebensversicherern auf und führt diese Verträge zu Ende. Vorteil dieser Gesellschaft ist, dass sie beispielsweise eine geringe Kostenquote haben. Nicht umsonst liegt 2022 die Athora (früher Delta Lloyd Lebensversicherung) mit 4 Prozent Gesamtverzinsung vor allen anderen Anbietern.
Die große Frage: Was macht man mit seinem Altvertrag ?
Soll ich meinen Altvertrag kündigen?
Um dies sicher beantworten zu können, muss man sich den Vertrag etwas genauer anschauen: Wann wurde dieser abgeschlossen, wie lange ist die Laufzeit, wie entwickelt sich das Vertragsguthaben, wie hoch ist der Garantiezins? Will man es etwas pauschaler kann man sagen: Hat man einen alten Vertrag mit hohem Garantiezins oder sogar einen Vertrag, bei dem die Auszahlung steuerfrei ist ( Abschluss vor 2005), sollte man diesen Vertrag weiterführen, da Sie diese Konditionen heute nicht mehr bekommen. Wird es finanziell eng, kann man darüber nachdenken, den Vertrag beitragsfrei zustellen oder gar zu verkaufen. Eine Kündigung wäre hier eine schlechte Lösung und mit hohen finanziellen Einbußen verbunden. Eine weitere Möglichkeit ist zu prüfen, ob der Vertrag nicht sogar rückabwickelbar ist.
Lebensversicherung rückabwickeln ?
Lebensversicherungsverträge, die zwischen 1982 und 2015 abgeschlossen wurden, haben alle grobe Fehler in den Vertragsklauseln. Ein Punkt ist dabei, dass Kunden seinerzeit nicht korrekt über das Widerrufsrecht belehrt worden waren. Der Euopäische Gerichtshof (EuGH) gab im Jahr 2013 der Klage eines Versicherungskunden Recht ( Az. C-209/12), so dass dieser Vertrag rückabgewickelt werden konnte.
Welche Verträge können rückabgewickelt werden ?
Grundsätzlich können folgende Verträge rückabgewickelt werden, die zwischen 1982 und 2015 abgeschlossen wurden:
- Kapitallebensversicherungen
- Private Rentenversicherungen
- Fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen
- Riester-Renten
Wieviel Geld bekommt man zurück ?
Die Kunden erhalten in der Regel ihre eingezahlten Beiträge abzüglich des Risikobeitrages für die Lebensversicherung zurück. Dazu kommen noch Zinsen und Überschüsse, da die Versicherung über die Jahre mit dem Geld des Kunden gearbeitet hat.
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