Die Lebensversicherung war früher des deutschen liebstes Kind; fast jeder hatte mindestens einen kapitalbindende Lebensversicherung im Versicherungsordner. Doch mittlerweile wird von einem Neuabschluss eines solchen Vertrages abgeraten: Zu teuer, zu wenig Rendite, sinkende Ablaufleistungen. Doch wie funktioniert eine Lebensversicherung überhaupt?
Wie funktioniert eine Lebensversicherung?
Die kapitalbildende Lebensversicherung besteht aus zwei Komponenten: Zum einen dem Sparbeitrag und zum anderen der Risikobeitrag. Der Sparbeitrag wird vom Versicherer für den Kunden angelegt und verzinst - am Ende der Laufzeit des Vertrages wird dieser angesparte Betrag und mögliche Überschüsse an den Kunden ausgezahlt. Der Risikobeitrag dient dem Versicherer zur Abdeckung des Todesfallriskios; also für den Fall, dass der Kunde vor Ablauf des Vertrages stirbt und die vereinbarte Versicherungsleistung ausgezahlt werden muss.
Wie lange muss eine Lebensversicherung laufen?
Die Vertragsdauer einer Lebensversicherung ist frei wählbar. Allerdings machen Laufzeiten von unter 12 Jahren keinen Sinn, da in diesem Fall die Erträge voll versteuert werden müssten. Grundsätzlich sind Lebensversicherungen Verträge mit einer relativ langen Laufzeit.
klassischer oder fondsgebundener Vertrag - Was ist sinnvoller?
Bei einer klassischen Lebensversicherung wird der Sparbeitrag vom Versicherer in einer vom Versicherer gewählten Anlageform investiert. Das Versicherungsunternehmen ist hierbei nicht frei in der Anlagemöglichkeit und muss sich an zahlreiche gesetzliche Auflagen halten. Grundsätzlich müssen die Kundengelder defensiv angelegt werden.
Bei einer fondsgebundenen Versicherung werden die Kundengelder in Investmentfonds angelegt; in bestimmten Umfang kann der Kunde hier die entsprechenden Fonds sogar selber auswählen. Allerdings trägt das Verlustrisiko bei einer fondsgebundenen Versicherung in der Regel der Versicherungsnehmer.
Darüber hinaus gibt es auch sogenannte Hybridprodukte. Das sind Lebensversicherungen, die sowohl aus einer klassischen, als auch einer fondsgebundenen Komponente bestehen. Dies senkt zwar das Verlustrisiko, ist aber auch mit höheren Verwaltungskosten verbunden.
Was ist eigentlich ein Garantiezins?
Der Garantiezins ist der maximal garantierte Rechnungszins, mit dem sich das Sparguthaben im Versicherungsvertrag verzinst. Der Rechnungszins wird vom Gesetzgeber vorgegeben und beträgt seit 1.1.2017 0,90%.
Normalerweise ist die Verzinsung eines solchen Vertrages allerdings höher; die durchschnittliche Verzinsung auf den Sparanteil liegt ca. 3%.
Was ist die Gesamtverzinsung ?
Die Gesamtverzinsung setzt sich zusammen aus dem Garantiezins (auch Höchstrechnungszins - aktuell 0,9 %) und der Überschussbeteiligung zusammen.
Die Überschussbeteiligung erhöht die bei Vertragsbeginn garantierte Versicherungssumme. Wie hoch die Überschussbeteiligung am Ende tatsächlich ausfallen wird, weiß man zu Beginn des Vertrages nicht - die Angaben in den Angebotsberechnungen sind also nicht viel mehr, als Prognosen - also ein "Stand jetzt".
Welche Alternativen zur Lebensversicherung gibt es?
Die die Lebensversicherung ein kombiniertes Produkt ist, kann man die entsprechende Verträge auch einzeln abschliessen: Für das Todesfallriskio bietet sich die sogenannte Risikolebensversicherung an. Hierbei leistet der Versicherer nur, wenn die versicherte Person während der Vertragslaufzeit verstirbt - in diesem Vertrag wird also kein Geld angespart.
Um für die Rente und den Ruhestand vorzusorgen gibt es private Rentenversicherungen. Hierbei sparen Sie über einen längeren Zeitraum einen Betrag an, der ebenso fest verzinst oder in Fonds angelegt wird. Am Ende können Sie wählen, ob Sie das Vertragsguthaben als Rente oder Einmalzahlung erhalten möchten.
Und wenn mein Versicherer pleite geht?
Falls der unwahrscheinlich Fall eintritt, dass Ihr Versicherer Insolvenz anmelden muss, gibt es die von den deutschen Versicherern 2002 gegründete Auffanggesellschaft "Protektor". Die Protektor Lebensversicherungs AG übernimmt dann die Garantiezusagen des pleite gegangenen Versicherers.
Dieser Fall ist seit 2002 erst einmal eingetreten.
Die Kurve zeigt nach unten: Nachdem sich die Renditen der klassischen Lebens- und Rentenversicherungen im letzten Jahr etwas stabilisiert hatten, geht es erneut talwärts. Wie ist die Situation der Lebensversicherung - müsst Ihr als Kunden jetzt irgendetwas tun?
Klassische Lebens- und Rentenversicherungen haben es sehr schwer; das niedrige Zinsniveau macht ihnen zu schaffen. 2019 betrug das Zinsniveau 2,46% - Experten rechnen für 2020 auf einen Rückgang von 2,46 %.
Problematisch ist das niedrige Zinsniveau vor allen Dingen, weil es noch Kunden mit Verträgen gibt, in denen 4% Zinsgarantien versprochen sind. Dies fällt aber den Versicherungsunternehmen schwer, diese hohen Versprechen auch zu erwirtschaften.
Die ersten Unternehmen haben ihre Zahlen für 2020 bereits veröffentlicht; Branchenriese Allianz wird die laufende Verzinsung senken, ebenso wie die Nürnberger und die Alte Leipziger. Stabil bleiben hingegen Axa und Ideal.
Garantiezins seit Jahren auf Tiefflug
Garantiezins und die Überschussbeteiligung bilden die laufende Verzinsung. Die Höhe der Überschussbeteiligung kann jede Versicherungsgesellschaft selber entscheiden. Die Höhe der Überschussbeteiligung ist abhängig von der Wirtschaftslage und dem Erfolg der Anlagestrategie des jeweiligen Versicherers.
Der Garantiezins wird vom Bundesfinanzministerium festgelegt und beträgt aktuell 0,9 %. Zum Vergleich: Vor 10 Jahren garantierten die deutschen Versicherer ihren Kunden noch 2,25 %.
Abschied von der klassischen Lebensversicherung
Da die Versicherer immer größere Probleme haben, diese Garantien - insbesondere die hohen Altgarantien - darzustellen, bieten viele Lebensversicherer überhaupt keine klassischen Produkte mit Garantiezins mehr an.
Bei neuen Produkten sehen die Garantien so aus, dass der Versicherer die eingezahlten beitrage ganz oder zum Teil garantiert. Dafür sollen etwas höhere Rendite möglich sein.
Für viele Verbraucherschützer, Kunden aber auch Vermittler dürfte es hart werden: Die 100%ige Beitragsgarantie - also die Gewissheit, dass man mindestens soviel rausbekommt, wie man eingezahlt hat, ist am Ende. Es war das Top-Verkaufsargument, selbst wenn das Produkt noch so schlecht war, aber wenn es hier? "Du kannst nichts verlieren!" half das, dass Gewissen der Kunden zu beruhigen.
Mit großem Medienecho verabschiedete sich Marktführer Allianz im Herbst 2020 als einer der ersten von der 100-Prozent-Beitragsgarantie. Andere sind im Zuge dieser Ankündigung gefolgt und bieten seit dem Produkte an, die beispielsweise nur noch eine 90%ige Nettobeitragsgarantie bieten, was im übrigen noch weniger als 90% der gezahlten Beiträge ist, da hier noch die Kosten in Abzug gebracht werden.
Aber was ist eigentlich der Grund dafür, dass man hier einen "Tabubruch" begeht? Profitgier oder doch eher existenzielle Notwendigkeit ?
Leider ist es aufgrund der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank so, dass "sichere" Geldanlage wie eine Bundesanleihe nur noch sehr geringe Renditen bringen. Das wird insbesondere bei Produkten zum Problem, wo die Beitragsgarantie gesetzlich vorgeschrieben ist, beispielsweise die Riester-Rente oder der betrieblichen Altersvorsorge.
Zwar gibt es noch ein paar Anbieter, die den Produkten mit der 100 %-Garantie die Stange halten, aber offensiv werden diese Produkte nicht mehr beworben und vermittelt - also eher eine Notlösung für stark konservativ Kunden.
Offen sein für neue sichere Produktdetails
Was kann man dann den deutschen Kunden, die als sehr sicherheitsbewusst und risikoscheu gelten für "Goodies" anbieten, um die neuen Produkte schmackhaft zu machen ?
Man kann beispielsweise andere Sicherungskomponenten in die Produkte einbauen, wie garantierte Rechnungsgrundlagen, einen garantierten Rentenfaktor oder gar einen kleinen Garantiezins in der Aufschub- oder Rentenbezugsphase.. Darüber hinaus könnten dies auch garantierte Rückkaufswerte oder garantierte lebenslange Mindestrenten sein.
Garantien kosten Geld
Was es gilt klar zu machen: Garantien kosten Geld bzw. Rendite. Möchte ich eine 100%ige Beitragsgarantie, müssen die Kundengelder "sicher" in klassischen Anlageformen investiert werden. Dies bedeutet auch aufgrund der niedrigen Renditen in diesen Bereichen auch eine niedrige Rente. Je mehr ich auf Garantien verzichte und von klassischer Anlage in Fondsanlage umschichte, desto größer wird am Ende das am Ende zur Verfügung stehende prognostizierte Kapital und die Rente.
Geduld und Ausdauer zahlen sich aus
Viele Kunden haben allerdings immer noch Bedenken, wenn man die Wörter "Fonds" und "Börse" nur erwähnt.
Dabei schwingt die Angst mit, Geld zu verlieren. Wenn man sich aber mal das Renditedreck des Deutschen Aktieninstituts wird man feststellen, dass man eigentlich immer nur Verluste realisiert, wenn man Aktien in einer schlechten Phase erwirbt und schnell wieder abstösst. Wenn man aber hingegen langen Atem beweist und Krisen aussitzt, wird man in aller Regel Renditen erwirtschaften. Wer näheres dazu wissen will, schaut sich einfach mal das Renditedreieck auf den Seiten des Deutschen Aktien Institutes an..
Policenschreck-VLOG zum Ende der Beitragsgarantie
Natürlich stellt Ihr Euch die Frage, was man macht, wenn man so einen Vertrag bereits abgeschlossen hat. Hat man einen Altvertrag, der noch Zinsgarantien zwischen 2,25% und 4% hat, würde ich den Vertrag weiterlaufen lassen; diese Konditionen bekommt man heute nicht mehr. Auch wenn die Laufzeit nur noch zwischen 5 und 10 liegt: weiterlaufen lassen. Hat der Vertrag noch eine relativ lange Laufzeit mit einem niedrigen Garantiezins, sollte man über eine Beitragsfreistellung nachdenken. Bei einer Beitragsfreistellung zahlt man kein weiteres Geld mehr in den Vertrag ein; das Guthaben verzinst sich aber weiter. Eine Kündigung hingegen ist immer eine schlechte Lösung; in der Regel liegt man hier Geld drauf. Welche Möglichkeiten sich einem bieten , wenn man einen alten Lebensversicherungsvertrag hat, erfahrt Ihr hier.